Besuch am 19.5.2022
Das Antoine in Eupen veranstaltete im Mai einen Porto-Abend. Das Lokal wurde mir zwar empfohlen, allerdings hatte es erst meine volle Aufmerksamkeit gewonnen, als ich auf Instagram die Story zur Ankündigung dieses Abends sah. Das Mai-Menü wurde etwas modifiziert und ergänzt um eine Portweinbegleitung. Das hatte mich zugegebener Maßen sehr neugierig gemacht - assoziiere ich diese Spezialität aus Portugal doch eher als Geschmacks-Booster für Desserts und für kräftigen Käse. Vielleicht war es auch meine kulinarische Unkenntnis, die meine Fragezeichen bewirkten. Wichtig war nur: Ich war neugierig und hatte Lust darauf zu Erfahren, wie die Gerichte mit den unterschiedlichen Portweinen funktionierten. Und das kann ich auch jedem empfehlen, sich einfach mal auf Unbekanntes einzulassen. Seinen sinnlichen Horizont kann man wunderbar erweitern, wenn man seiner natürlichen Neugierde nachgibt.
Ich stellte mich also auf eine kognitive Überforderung ein und freute mich sehr einen Platz am Counter besetzen zu können.
Als ich an diesem Abend das Restaurant ansteuerte, leitete mich mein Navi nicht in die Eupener Innenstadt, sondern in ein Wohngebiet. Ich fuhr also eine Straße mit aufgereihten Einfamilienhäusern hoch und hatte mein Ziel schon fast übersehen. So unscheinbar und unaufdringlich, ja fast höflich wirkte die Aufmachung auf mich. Hier hat man sich Gedanken gemacht. Es war spürbar, dass hier Bescheidenheit, Kreativität und Selbstvertrauen Erlebnisse formen, die sich einprägen. Ich stieg die Treppen im modern gestalteten Vorgarten hoch und stand vor der Eingangstür, die ganz unscheinbar mit Auszeichnungen dekoriert, verriet, dass hier tatsächlich ein Restaurant zu vermuten ist. Ich klingelte und wurde direkt von einer jungen Dame in klassisch weiß-schwarzer Montur empfangen: Höflich, herzlich, nicht aufgesetzt - respektvoll, nicht unterwürfig, nicht überheblich. So fühlte ich mich willkommen, auch wenn ich hier mit meinem beruflichen Anliegen bei der Reservierung ein paar Fragezeichen hervorrief. Die nötige Offenheit, meinen nicht zu Ende gedachten Ideen Raum zu geben, begegnete mir hier.
Der Counter ist zentral gelegen, nah an der Küche. Er ist so etwas, wie der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens im Restaurant. Hier spürt man die Wahrheit des Restaurants. Trotz der fehlenden Seele von Lisa an diesem Abend, meisterten der Service und Mirko eine fantastische Gastgeberschaft. Die herzlich, helle Färbung Lisas Mentaliät war dennoch in der Atmosphäre zu spüren. Mit Souveränität meisterte das junge Team auch den Umgang mit Außerplanmäßigkeiten. Es war für mich, trotz der Reizüberflutung, sehr entspannend keine Hektik im Personal zu spüren. Als ich Platz nahm, begrüßte mich auch direkt Mirko, der mir den Aperitif zubereitete und später im Laufe des Abends immer mal wieder ein interessiertes Wort mit mir wechselte.
Zusätzlich besuchte eine Dame aus der Symington-Familie alternierend die Tische, um zu jedem gereichten Portwein etwas zu erzählen. Für mich war es in Ordnung nur peripher ein paar Worte aufzuschnappen. Es hätte mich überladen ihr Wissen zusätzlich zu meinen Sinneseindrücken verarbeiten zu müssen. Der Name der Familie lässt es auch vermuten, um welche Winzerei es geht: das Traditionshaus Graham's.
Der Abend begann für mich also mit einem mir unbekannten Aperitif. Ein weißer Portwein mit einem Tonic Water, Limettenschale und Eis. Ein herrlich erfrischender „Portonic“, der trocken genug war, um den Appetit anzukurbeln. Die Schale der Limette erfrischte immens und bereitete mit ihrer bitteren Note meine Rezeptoren vor. Auch wenn es unappetitlich erscheinen mag, aber die Bitterstoffe sind wirklich ein hervorragendes Mittel, um die Produktion von Verdauungssäften anzuregen und das fängt schon im Mund an.
Mir lief im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammen, als die Amuse Bouche serviert wurden. Vom Tartelette bis zum cremig-belegten Salatblättchen, wurden so gut wie alle Texturen, in Kombination mit belgisch-französischem Bewusstsein mit Fett als Geschmacksträger umzugehen, präsentiert. Das Foto spiegelt leider nur eine kleine Auswahl des Küchengrußes wieder.
Kurz darauf folgten Brot aus einem selbst hergestellten Sauerteig mit Bärlauch- sowie Meersalzbutter und Olivenöl, in dessen Farbe ich mich verliebt hatte. So hellgrün und Frische ausstrahlend, so weich, süß und leicht fruchtig-minzig wirkte es auch geschmacklich auf mich. Über die Butter müssen wir nicht sprechen. Wenn Butter süß ist, wissen wir: Es ist gute Butter und gute Butter mit frischen Kräutern oder Meersalz ist der Himmel auf einem warmen Stück Brot. Ich hätte hier schon glücklich nach Hause gehen können. Aber der Abend fing ja gerade erst an:
Gang 1
Ceviche vom Kabeljau
Zwiebel | Weintrauben | Chili
W.&J. Graham's Tawny Port 10 Years Old
Ich schaue ins Glas: Rot - Kupferfarben, rieche: Honig, Süßholz, nehme einen Schluck und die Aromen werden stärker - Feige? - Er ist samtig und wärmend. Er bereitet mich vor:
Der Kabeljau ist glasig, fein fasrig, herrlich frisch in zitroniger Soße, Trauben, minimale Schärfe, eingelegte Zwiebel, Röstzwiebel, Frühlingszwiebel betten den zarten Kabeljau in ihren Geschmack. Mit dem Portwein wird die Schärfe stärker - die Süße fängt sie wieder auf - ein herzhaft reifes Aroma mit feiner Säure bleibt.
Der junge frische Spargel macht glücklich.
Verwunderung steigt auf und warme Ohren folgen.
Gang 2
Sardine vom Green Egg
Sauce Vierge | Aprikose | Knoblauch
W.&J. Graham's Tawny Port 30 Years Old
Brot und Butter zur Vorbereitung für 30 Jahre Reifung: Das Glas in einem gelbbraunen Karamellton - der Geruch herb-holzig, konzentriert erdig-karamelliges Aroma, schwere Textur, fast wie Ahornsirup legt sie sich auf den Mund- und Rachenraum. Keine Säure schmeckbar - leicht adstringierend - kenne ich ohne Säure garnicht. Das lässt erahnen, was 30 Jahre Eichenfass bewirken. Ich bemerke: Der Abend erfährt eine konsequente Steigerung.
Die Sardine ist so weich und saftig, dass ich fast weinen möchte. So buttrig, aber herb-metallisch im Eigengeschmack und veredelt durch kurzes Räuchern im Green Egg. Die Sauce Vierge ist herrlich fruchtig, der Kerbel schließt den Bogen wieder zur Sardine. Ein weiterer kleiner Schluck Wein legt sich auf den Gaumen, die metallische Note der Sardine verschwindet, ihre Aromen wandeln sich in „geröstet“, das Chutney wird fruchtiger.
Daneben eine Kontrasttextur: mit Knoblauch aromatisiertes Baguette, das mit dem Portwein fast wie angeröstete Nüsse schmeckt.
Ich esse in seelischer Beglückung auf.
Ich greife zu Brot und Butter.
Gang 3
Pulpo
Polenta | Chorizo | Paprika
W.&J. Graham's The Tawny Port
Trinkbarer goldiger Bernstein, geröstete Mandel, Zimtblüte, zarte Orange begegnen mir. Ich muss mich anstrengen nicht mit offenem Mund durch die Gegend zu starren. Der Pulpo ist außen fest und innen weich und zart, die Paprika schmeckt buchig-rauchig, ein Bissen Chorizo und das Erlebnis macht Sinn. In meinen Notizen steht wortwörtlich:
„Geräucherte Paprika + Port = Boom + Chorizo nochmal Boom. Plötzliche massive Schärfe + Port = Wow: Wärme, Samt, Blume“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Nach dem Schärfe-Kick, war ich in einer kleinen Ekstase.
Brot und Olivenöl brachten mich wieder nach Eupen.
Gang 4
„Roastbeef - Francesinha“
Spargel | Göhltaler | Portojus
W.&J. Graham's Tawny Port 20 Years Old
Ein Schluck ziegelrote Flüssigkeit: ich schmecke herbe Zitrusschale, terpenig, würzig aber frisch - ein Blick auf den präsentierten Teller: das Roastbeef duftet herrlich nach Röstung, strahlt rosig durch seine Verzierung. Das Sandwich wurde während der Ankündigung am Tisch mit der Portojus übergossen. "Sind Sie zufrieden? - "Ja und glücklich".
Ich war mir nicht sicher, ob der weiße Spargel nicht eher Lauch war. Mein Gehirn hat es sich aufgrund seiner Vorlieben jedenfalls so gedacht und ich war wirklich glücklich damit. Vor mir also eine Hommage an ein portugiesisches Sandwich mit ostbelgischem Käse und Portojus. Das Brot: luftig, feinporig und knusprig ausgebacken, der Käse zart, schmelzend. Daneben noch Pommes du Fin und eine belgische Frikadelle. Eupen und Porto sättigten mich tatsächlich. Der Portwein hob den würzigen Charakter des Käses an. Bekannte Aromen kreuzten sich mit etwas Neuem, das mich in einen Urlaub katapultierte, aus dem ich nicht mehr abreisen wollte.
Gang 5
Dessert
Mandel | Beeren | Olivenöl
W.&J. Graham's Six Grapes
Die Realität ließ mich wieder zu dem herrlichen Brot greifen. Neutralisiert tauchten meine Sinne in den tiefsten violetten Brombeerton, den ich je gesehen, gerochen und geschmeckt habe. So muss Götterblut schmecken. Ich dachte beim ersten Schluck: Vom Urlaub direkt in den Himmel.
Mandelküchlein, ein Ring aus einer Art fluffigen Buttercreme, umhüllt mit weißer Schokolade, Oliveneis, Basilikum“sorbet“ und anbei „nur“ Beeren. Dazu dieser beerige Portwein, der mir alleine schon mein Menschsein erklärte. Ich war am Ende meiner Worte und beglückt für mehrere Tage.
Das Finale war eine absolute Krönung des Abends. Hier wurde mir klar, dass mein Vorhaben weitere Genussmomente zu malen und explizit Geschmacksbilder zu produzieren, wichtig ist. Denn wie kann ich denn von solchen Erlebnissen den emotionalen Wert manifestieren? Das können Worte und Fotografien alleine nicht ausdrücken und festhalten, was Aromen und Geschmack in mir auslösen können.
In dem Gemälde „Porto-Abend“ habe ich mein sinnliches Erleben und jede Wahrnehmung ausgedrückt. Ein feines, mutiges, explosives, aber harmonisches Ganzes mit gekonnten kleinen Exkursen, die pointiert gesetzt wurden.
Vielen Dank für die Neugierde und Offenheit. Ich wäre an dem Abend gerne noch etwas länger geblieben, wenn die fantastischen Eindrücke mich nicht so sehr aus den Schuhen gehauen hätten.
Eine spannende Adresse im gehobenen Preissegment, um sich in ungezwungener und ästhetischer Atmosphäre mit neuen gustativen Input zu beschenken.
Besuch am 19.5.2022
Das Antoine in Eupen veranstaltete im Mai einen Porto-Abend. Das Lokal wurde mir zwar empfohlen, allerdings hatte es erst meine volle Aufmerksamkeit gewonnen, als ich auf Instagram die Story zur Ankündigung dieses Abends sah. Das Mai-Menü wurde etwas modifiziert und ergänzt um eine Portweinbegleitung. Das hatte mich zugegebener Maßen sehr neugierig gemacht - assoziiere ich diese Spezialität aus Portugal doch eher als Geschmacks-Booster für Desserts und für kräftigen Käse. Vielleicht war es auch meine kulinarische Unkenntnis, die meine Fragezeichen bewirkten. Wichtig war nur: Ich war neugierig und hatte Lust darauf zu Erfahren, wie die Gerichte mit den unterschiedlichen Portweinen funktionierten. Und das kann ich auch jedem empfehlen, sich einfach mal auf Unbekanntes einzulassen. Seinen sinnlichen Horizont kann man wunderbar erweitern, wenn man seiner natürlichen Neugierde nachgibt.
Ich stellte mich also auf eine kognitive Überforderung ein und freute mich sehr einen Platz am Counter besetzen zu können.
Als ich an diesem Abend das Restaurant ansteuerte, leitete mich mein Navi nicht in die Eupener Innenstadt, sondern in ein Wohngebiet. Ich fuhr also eine Straße mit aufgereihten Einfamilienhäusern hoch und hatte mein Ziel schon fast übersehen. So unscheinbar und unaufdringlich, ja fast höflich wirkte die Aufmachung auf mich. Hier hat man sich Gedanken gemacht. Es war spürbar, dass hier Bescheidenheit, Kreativität und Selbstvertrauen Erlebnisse formen, die sich einprägen. Ich stieg die Treppen im modern gestalteten Vorgarten hoch und stand vor der Eingangstür, die ganz unscheinbar mit Auszeichnungen dekoriert, verriet, dass hier tatsächlich ein Restaurant zu vermuten ist. Ich klingelte und wurde direkt von einer jungen Dame in klassisch weiß-schwarzer Montur empfangen: Höflich, herzlich, nicht aufgesetzt - respektvoll, nicht unterwürfig, nicht überheblich. So fühlte ich mich willkommen, auch wenn ich hier mit meinem beruflichen Anliegen bei der Reservierung ein paar Fragezeichen hervorrief. Die nötige Offenheit, meinen nicht zu Ende gedachten Ideen Raum zu geben, begegnete mir hier.
Der Counter ist zentral gelegen, nah an der Küche. Er ist so etwas, wie der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens im Restaurant. Hier spürt man die Wahrheit des Restaurants. Trotz der fehlenden Seele von Lisa an diesem Abend, meisterten der Service und Mirko eine fantastische Gastgeberschaft. Die herzlich, helle Färbung Lisas Mentaliät war dennoch in der Atmosphäre zu spüren. Mit Souveränität meisterte das junge Team auch den Umgang mit Außerplanmäßigkeiten. Es war für mich, trotz der Reizüberflutung, sehr entspannend keine Hektik im Personal zu spüren. Als ich Platz nahm, begrüßte mich auch direkt Mirko, der mir den Aperitif zubereitete und später im Laufe des Abends immer mal wieder ein interessiertes Wort mit mir wechselte.
Zusätzlich besuchte eine Dame aus der Symington-Familie alternierend die Tische, um zu jedem gereichten Portwein etwas zu erzählen. Für mich war es in Ordnung nur peripher ein paar Worte aufzuschnappen. Es hätte mich überladen ihr Wissen zusätzlich zu meinen Sinneseindrücken verarbeiten zu müssen. Der Name der Familie lässt es auch vermuten, um welche Winzerei es geht: das Traditionshaus Graham's.
Der Abend begann für mich also mit einem mir unbekannten Aperitif. Ein weißer Portwein mit einem Tonic Water, Limettenschale und Eis. Ein herrlich erfrischender „Portonic“, der trocken genug war, um den Appetit anzukurbeln. Die Schale der Limette erfrischte immens und bereitete mit ihrer bitteren Note meine Rezeptoren vor. Auch wenn es unappetitlich erscheinen mag, aber die Bitterstoffe sind wirklich ein hervorragendes Mittel, um die Produktion von Verdauungssäften anzuregen und das fängt schon im Mund an.
Mir lief im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammen, als die Amuse Bouche serviert wurden. Vom Tartelette bis zum cremig-belegten Salatblättchen, wurden so gut wie alle Texturen, in Kombination mit belgisch-französischem Bewusstsein mit Fett als Geschmacksträger umzugehen, präsentiert. Das Foto spiegelt leider nur eine kleine Auswahl des Küchengrußes wieder.
Kurz darauf folgten Brot aus einem selbst hergestellten Sauerteig mit Bärlauch- sowie Meersalzbutter und Olivenöl, in dessen Farbe ich mich verliebt hatte. So hellgrün und Frische ausstrahlend, so weich, süß und leicht fruchtig-minzig wirkte es auch geschmacklich auf mich. Über die Butter müssen wir nicht sprechen. Wenn Butter süß ist, wissen wir: Es ist gute Butter und gute Butter mit frischen Kräutern oder Meersalz ist der Himmel auf einem warmen Stück Brot. Ich hätte hier schon glücklich nach Hause gehen können. Aber der Abend fing ja gerade erst an:
Gang 1
Ceviche vom Kabeljau
Zwiebel | Weintrauben | Chili
W.&J. Graham's Tawny Port 10 Years Old
Ich schaue ins Glas: Rot - Kupferfarben, rieche: Honig, Süßholz, nehme einen Schluck und die Aromen werden stärker - Feige? - Er ist samtig und wärmend. Er bereitet mich vor:
Der Kabeljau ist glasig, fein fasrig, herrlich frisch in zitroniger Soße, Trauben, minimale Schärfe, eingelegte Zwiebel, Röstzwiebel, Frühlingszwiebel betten den zarten Kabeljau in ihren Geschmack. Mit dem Portwein wird die Schärfe stärker - die Süße fängt sie wieder auf - ein herzhaft reifes Aroma mit feiner Säure bleibt.
Der junge frische Spargel macht glücklich.
Verwunderung steigt auf und warme Ohren folgen.
Gang 2
Sardine vom Green Egg
Sauce Vierge | Aprikose | Knoblauch
W.&J. Graham's Tawny Port 30 Years Old
Brot und Butter zur Vorbereitung für 30 Jahre Reifung: Das Glas in einem gelbbraunen Karamellton - der Geruch herb-holzig, konzentriert erdig-karamelliges Aroma, schwere Textur, fast wie Ahornsirup legt sie sich auf den Mund- und Rachenraum. Keine Säure schmeckbar - leicht adstringierend - kenne ich ohne Säure garnicht. Das lässt erahnen, was 30 Jahre Eichenfass bewirken. Ich bemerke: Der Abend erfährt eine konsequente Steigerung.
Die Sardine ist so weich und saftig, dass ich fast weinen möchte. So buttrig, aber herb-metallisch im Eigengeschmack und veredelt durch kurzes Räuchern im Green Egg. Die Sauce Vierge ist herrlich fruchtig, der Kerbel schließt den Bogen wieder zur Sardine. Ein weiterer kleiner Schluck Wein legt sich auf den Gaumen, die metallische Note der Sardine verschwindet, ihre Aromen wandeln sich in „geröstet“, das Chutney wird fruchtiger.
Daneben eine Kontrasttextur: mit Knoblauch aromatisiertes Baguette, das mit dem Portwein fast wie angeröstete Nüsse schmeckt.
Ich esse in seelischer Beglückung auf.
Ich greife zu Brot und Butter.
Gang 3
Pulpo
Polenta | Chorizo | Paprika
W.&J. Graham's The Tawny Port
Trinkbarer goldiger Bernstein, geröstete Mandel, Zimtblüte, zarte Orange begegnen mir. Ich muss mich anstrengen nicht mit offenem Mund durch die Gegend zu starren. Der Pulpo ist außen fest und innen weich und zart, die Paprika schmeckt buchig-rauchig, ein Bissen Chorizo und das Erlebnis macht Sinn. In meinen Notizen steht wortwörtlich:
„Geräucherte Paprika + Port = Boom + Chorizo nochmal Boom. Plötzliche massive Schärfe + Port = Wow: Wärme, Samt, Blume“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Nach dem Schärfe-Kick, war ich in einer kleinen Ekstase.
Brot und Olivenöl brachten mich wieder nach Eupen.
Gang 4
„Roastbeef - Francesinha“
Spargel | Göhltaler | Portojus
W.&J. Graham's Tawny Port 20 Years Old
Ein Schluck ziegelrote Flüssigkeit: ich schmecke herbe Zitrusschale, terpenig, würzig aber frisch - ein Blick auf den präsentierten Teller: das Roastbeef duftet herrlich nach Röstung, strahlt rosig durch seine Verzierung. Das Sandwich wurde während der Ankündigung am Tisch mit der Portojus übergossen. "Sind Sie zufrieden? - "Ja und glücklich".
Ich war mir nicht sicher, ob der weiße Spargel nicht eher Lauch war. Mein Gehirn hat es sich aufgrund seiner Vorlieben jedenfalls so gedacht und ich war wirklich glücklich damit. Vor mir also eine Hommage an ein portugiesisches Sandwich mit ostbelgischem Käse und Portojus. Das Brot: luftig, feinporig und knusprig ausgebacken, der Käse zart, schmelzend. Daneben noch Pommes du Fin und eine belgische Frikadelle. Eupen und Porto sättigten mich tatsächlich. Der Portwein hob den würzigen Charakter des Käses an. Bekannte Aromen kreuzten sich mit etwas Neuem, das mich in einen Urlaub katapultierte, aus dem ich nicht mehr abreisen wollte.
Gang 5
Dessert
Mandel | Beeren | Olivenöl
W.&J. Graham's Six Grapes
Die Realität ließ mich wieder zu dem herrlichen Brot greifen. Neutralisiert tauchten meine Sinne in den tiefsten violetten Brombeerton, den ich je gesehen, gerochen und geschmeckt habe. So muss Götterblut schmecken. Ich dachte beim ersten Schluck: Vom Urlaub direkt in den Himmel.
Mandelküchlein, ein Ring aus einer Art fluffigen Buttercreme, umhüllt mit weißer Schokolade, Oliveneis, Basilikum“sorbet“ und anbei „nur“ Beeren. Dazu dieser beerige Portwein, der mir alleine schon mein Menschsein erklärte. Ich war am Ende meiner Worte und beglückt für mehrere Tage.
Das Finale war eine absolute Krönung des Abends. Hier wurde mir klar, dass mein Vorhaben weitere Genussmomente zu malen und explizit Geschmacksbilder zu produzieren, wichtig ist. Denn wie kann ich denn von solchen Erlebnissen den emotionalen Wert manifestieren? Das können Worte und Fotografien alleine nicht ausdrücken und festhalten, was Aromen und Geschmack in mir auslösen können.
In dem Gemälde „Porto-Abend“ habe ich mein sinnliches Erleben und jede Wahrnehmung ausgedrückt. Ein feines, mutiges, explosives, aber harmonisches Ganzes mit gekonnten kleinen Exkursen, die pointiert gesetzt wurden.
Vielen Dank für die Neugierde und Offenheit. Ich wäre an dem Abend gerne noch etwas länger geblieben, wenn die fantastischen Eindrücke mich nicht so sehr aus den Schuhen gehauen hätten.
Eine spannende Adresse im gehobenen Preissegment, um sich in ungezwungener und ästhetischer Atmosphäre mit neuen gustativen Input zu beschenken.
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